Dienst leisten - nicht nur im Hauptjob: Ehrenamtliches Engagement (Teil 1)

Die Hotellerie und Gastronomie gehören zur Dienstleistungsbranche. „Dienst leisten“ ist ein wesentlicher Bestandteil unserer täglichen Arbeit. Es definiert uns und die Art Menschen, die in dieser Branche arbeiten. Wir verstehen es als gewinnbringend sich für andere einzusetzen, ihnen – in unserem Fall – z. B. einen schönen Aufenthalt zu ermöglichen oder sie mit einem Essen kulinarisch zu begeistern.
Dabei sind jeder Gast und seine Beweggründe unterschiedlich. Im Hotel z.B. begegnet uns täglich eine Vielzahl an Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen zu uns kommen. Eine Geschäftsreise, eine Städtereise, Verwandtenbesuch. Aber auch Gäste, die Verwandte begleiten, die in einer der Münsteraner Kliniken in Behandlung sind. Es sind also mal praktische Gründe, mal ist es Vergnügen und mal Notwendigkeit. Es gehört ein großes Stück Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen dazu, diesen Menschen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Es Bedarf also besonderen Menschen, die in einer solchen Branche arbeiten. Menschen, die sich hintenanstellen und für die Gesellschaft arbeiten (und das an 365 Tagen im Jahr!).
Unser Team leistet seinen Dienst aber nicht nur im Hauptjob. Viele von uns engagieren sich zusätzlich in einem Ehrenamt. Vier unserer Kollegen/innen und ihren Einsatz für die Gesellschaft wollen wir Ihnen vorstellen. Den Anfang machen unser Azubi Finn Kersting und unser Wagenmeister Rainer Nüchter.
Ich möchte einen Wandel forcieren!
Wer bist du?
Finn Kersting, 18 Jahre alt, Azubi im zweiten Lehrjahr zum Hotelfachmann
Welches Ehrenamt übst du aus?
Ich engagiere mich im Jugendrat der Stadt Münster. Der Jugendrat kümmert sich um Themen, die Kinder und Jugendliche in Münster angehen und vertritt ihre Interessen - Schule, Sport, Umwelt, Politik und Allgemeines.
Wie viel Zeit beansprucht dein Ehrenamt?
Circa 15 Stunden im Monat. Einmal im Monat gibt es unsere große Sitzung von 2-3 Stunden, hinzu kommt die Arbeit in den Ausschüssen und Projekten – telefonieren, schreiben, Kontakt halten, Besuche machen.
Wie lange machst du es schon?
Seit Oktober 2015, da war ich 14 Jahre alt. Im Jugendrat dürfen sich Kinder von 13-18 Jahren engagieren – bis 19 darf man noch tätig sein wenn man gewählt ist, so ist es bei mir der Fall. Ich bin Mitglied im Sportausschuss und seit 2017 im Vorstand des Jugendrats Münster.
Die Wahlperiode geht inzwischen über drei Jahre. Das finde ich sinnvoll, weil manche Prozesse und die Umsetzung unserer Projekte und Ziele eine gewisse Zeit dauern. Man hat so ein größeres Blickfeld – und es ist auch wichtig, sich in der Politik in Münster zu etablieren, von den Politikern wahr- und ernst genommen zu werden.
Wie bist du auf das Ehrenamt aufmerksam geworden und was hat dich dazu bewogen es anzunehmen?
Jeder 12-jährige Jugendliche in Münster bekommt einen Brief der Stadt, in dem der Jugendrat vorgestellt wird. Man wird aktiv dazu aufgefordert mit zu machen und sich zu engagieren. Das hat mich angesprochen.
Meine Beweggründe sind besseres Verständnis für und einen besseren Einblick in die Politik und in die Parteien zu erlangen. So kann ich versuchen, eigene Interessen noch mehr durchzusetzen und - überparteilich - an politischen Entscheidungen mitzuwirken. Zum Beispiel fühle ich mich für die Europawahl als Erstwähler gut informiert.
Warum machst du das?
Ich möchte einen Wandel forcieren – im Denken der Politiker und im Denken der Jugendlichen. Ich möchte junge Leute begeistern für politisches Engagement. Kinder beeinflussen heutzutage ihr Eltern in Sachen Politik, ein gutes Beispiel hierfür ist die Initiative „Fridays for future“.
Inwieweit bereichert dich dein Einsatz persönlich?
Ich interessiere mich für Münster, für meinen Stadtteil (Bezirk Südost) und für Sport. Hier konnte ich mich schon richtig einbringen und Projekte initiieren. Zum Beispiel das Projekt „Jugendrat regt Boxen für Grillasche an“, worüber die Westfälischen Nachrichten am 18.Mai 2019 berichtet haben.
Wir engagieren uns für z.B. Spielplätze, Straßenbeleuchtung von Schulwegen oder die bessere Anbindung von Stadtbereichen durch Buslinien. Für den Jugendrat ist das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der wichtigste Ansprechpartner, hier gehen unsere Vorschläge und Anträge hin. Von hier aus werden unsere Themen in andere Ämter und die Stadtverwaltung begleitet. Eine Übersicht über unsere Projekte für 2019 sehen Sie hier oder - immer ganz aktuell - in unserem Blog.
Mir persönlich ist das Thema Sport sehr wichtig. Immer weniger Jugendliche gehen zum Sport. Wie können wir Jugendliche motivieren und für Sport begeistern? Wir vom Jugendrat schauen uns z.B. Sportstätten an und überlegen, wie man diese attraktiver machen kann. Wir bereiten Vorschläge für den Sportausschuss der Stadt Münster vor, dieser kann dann Gelder bei der Verwaltung beantragen, z.B. für Umbauten.
Es gibt mir ein richtig gutes Gefühl wenn wir gemeinsam etwas erreichen und für Kinder und Jugendliche in Münster etwas verbessern können! Ich übe mein Mitbestimmungsrecht aus und entwickle mich zum mündigen Bürger. Durch mein Ehrenamt bin ich selbstbewusster geworden und habe ein besseres Einfühlungsvermögen.
Jugendrat der Stadt Münster: demokratisch.jung.engagiert.
Initiiert durch die freie und öffentliche Jugendhilfe in Münster und beschlossen durch Rat der Stadt Münster wurde der Jugendrat 2008 als dauerhaftes, überparteiliches Partizipationsgremium für Kinder und Jugendliche in Münster eingerichtet.
Ziele:
- Aktive Beteiligung junger Menschen an gesellschaftlichen Prozessen und Entscheidungen.
- Vertretung der Interessen der Kinder und Jugendlichen der Stadt Münster.
- Entwicklung von Projekten und Aktionen in Arbeitsgemeinschaften, um Münster politisch mitgestalten zu können.
Der überparteiliche Jugendrat Münster besteht aus maximal 30 Mitgliedern aus den sechs Bezirken Nord, Ost, West, Südost, Hiltrup und Mitte. Gewählt wird der Jugendrat von Kindern und Jugendlichen aus ganz Münster. Die Wahl findet alle drei Jahre statt; zur Wahl aufstellen lassen können sich alle zwölf- bis einschließlich siebzehnjährigen Münsteranerinnen und Münsteraner.
Es gibt regelmäßige Treffen zu Sitzungen, um über aktuelle Entwicklungen in Münster zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. Der Jugendrat widmet sich Themen, die relevant sind für junge Menschen wie Schule, Sport, Umwelt etc. Pädagogische Begleitung erhält der Jugendrat durch eine verantwortliche Person aus dem Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Münster.
Über aktuelle Projekte kann man sich auf http://jugendrat-muenster.de sowie Facebook, Twitter und Instagram informieren.
Inwieweit berührt dich dein Einsatz? Wie kannst du mit „Negativem“ umgehen?
Es ist schade, wenn etwas nicht so angenommen wird. Wir haben immer noch das Gefühl, dass wir von manchen Politikern im Rat / in den Ausschüssen nicht richtig ernst genommen werden. Heute ist dies einer der Beweggründe geworden, sich politisch zu engagieren. Ich komme hier wieder auf Fridays for future – die Erwachsenen werden von jugendlicher Initiative beeinflusst – manche Politiker nehmen es zum Teil aber immer noch nicht ernst. Das frustriert machmal. Wir möchen schon heute möglichst viel mit entscheiden, denn es geht um unsere Zukunft.
Was ist dir wichtig zu erwähnen, hast du eine Botschaft?
Bei aller hohen Kompetenz unserer Politiker haben wir jungen Menschen in manchen Situationen einen besseren Blick auf die Dinge. Umso mehr müssen wir unsere Power einbringen, denn wir sind die Zukunft!
Aus einem Ehrenamt wurden zwei!
Welches Ehrenamt übst du aus?
Ich engagiere mich im Tierschutzverein Münster und Umgebung e.V. in Münster-Handorf. Dort findet immer am ersten Samstag im Monat von 10-17 Uhr der Bücher- und Krammarkt statt. Das ist eine Art Trödelmarkt. Es werden Dinge verkauft, die vorher gespendet wurden. Der Erlös aus dem Verkauf geht zu 100% an den Tierschutzverein. Ausgegeben wird das eingenommene Geld für den Unterhalt der Tiere, z.B. Arztkosten, Futter o.ä.
Wie viel Zeit investierst du?
Circa 25 Stunden im Monat.
Wie lange machst du es schon?
Ich engagiere mich bereits seit 2012 für den Tierschutzverein.
Wie bist du auf das Ehrenamt aufmerksam geworden und was hat dich dazu bewogen es anzunehmen?
Ich habe durch Zufall 2012 aus der Zeitung vom Trödelmarkt/Krammarkt im Tierheim gelesen. Wir haben den Markt besucht und das Spielwarenzelt entdeckt. Die Leiterin des Tierschutzvereins hat im Gespräch angeboten, dass das Spielwarenzelt ehrenamtlich betreut werden kann. Ich bin verantwortlich für das Zelt, meine Spezialität ist alles was sich bewegt: Flugzeuge, Schiffe, Autos. Meine Lebensgefährtin macht Holz- und Babysachen, Spielzeug etc. Wir nehmen Sachspenden entgegen, sortieren diese nach Warengruppen, arbeiten die Sachen so auf, dass sie verkäuflich sind und bauen den Markt bis eine Woche vor Termin auf.
An die Ware kommen wir durch aktive Sachspenden-Aufrufe und Inserate vom Tierschutzverein: „Wir suchen Antikes, Trödel, Bücher…“ Leute bringen die Dinge dann vorbei. Zum Beispiel wurde auf diese Weise mal altes Kaiserhof-Silber gespendet…
Inwieweit bereichert dich dein Einsatz persönlich?
Zunächst freue ich mich, dass mein Arbeitgeber, das Hotel Kaiserhof, mir bisher immer am ersten Samstag im Monat frei gibt, damit ich dieses Amt ausüben kann. Eigentlich ist Samstags ein wichtiger Arbeitstag für mich als Wagenmeister im Kaiserhof. Aber auch meine Kollegen sind kooperativ und übernehmen diese Schicht.
Aus meiner Tätigkeit für den Tierschutzverein ist für eine Weile noch ein weiteres Ehrenamt entstanden: Vor drei Jahren habe ich wieder aus der Zeitung erfahren, dass die Krebsberatungsstelle in Münster unterfinanziert ist, da Zuschüsse wegfielen. Fünf Kollegen vom Tierheim haben gemeinsam überlegt, was man da machen kann – eigentlich das gleiche wie im Tierheim, nur woanders. Wir haben eine Initiative gegründet, Sachspenden (Antikes, Trödel) werden gesammelt und einmal im Monat verkauft. 100 % dieser Spenden geht an die Krebsberatungsstellen in Münster. Ich bin Gründungsmitglied des „Edelfundus“ auf Hof Averkamp in Mecklenbeck. Aus der Initiative Edelfundus ist heute ein Verein geworden – es sind inzwischen 20 Ehrenamtliche und wir haben über 20.000 € gespendet! Damit ich weiterhin viel Zeit für das Tierheim habe, habe ich mich nach und nach aus diesem Ehrenamt zurückgezogen.
Inwieweit berührt dich dein Einsatz? Wie kannst du mit „Negativem“ umgehen?
Eigentlich habe ich eher mit dem Positiven - mit Helfen - zu tun und ich merke die Freude, wenn ich Spenden übergebe – das Leid tritt in diesem Moment zurück. Deshalb appeliere ich: „Kommt zum Krammarkt oder zum Edelfundus! Da kann man manche Schnäppchen machen und Gutes tun!“
Ehrenamt macht...
...glücklich, stolz, selbstbewusst, sensibel und noch vieles mehr. Die Hotellerie und Gastronomie ist eine anstrengende Branche. Trotzdem gibt es, wie in vielen anderen Tausend Berufen auch, Menschen die mehr leisten, als von ihnen verlangt wird. Wir hoffen, Sie sind genauso stolz wie wir auf unsere Kollegen. Hinterlassen Sie ihnen doch mit einem Kommentar einen Gruß!
Lesen Sie direkt weiter: Im zweiten Teil stelle ich Ihnen das ehrenamtliche Engagement von meinem Kollegen Matthias Schreijer vor, der bei uns als Koch tätig ist und berichte über mein eigenes Ehrenamt.
Alles Gute und herzliche Grüße aus dem Kaiserhof
Ihre Julia Wieduwilt

Seit 2002 ist die Tourismusbranche meine berufliche Heimat. Die ersten fünf Jahre habe ich als Reiseverkehrskauffrau gearbeitet, 2007 bin ich in die Hotellerie gewechselt, die ich Ende 2019 verlassen habe. Meine Leidenschaft ist es neue Länder, aber auch die eigene Heimat zu entdecken sowie aktuelle Trends und Themen aus der Branche aufzuspüren und andere davon zu begeistern. Mit meinen Blog-Artikeln möchte ich Sie inspirieren, zeigen wie vielseitig die Hotelbranche und das Münsterland sind und Sie dazu animieren, hin und wieder mal über den Tellerrand zu schauen.
Über Lob & Kritik oder Anregungen für neue Themen, über die Sie lesen möchten, freuen wir uns sehr. Schreiben Sie uns eine Mail an verkauf@kaiserhof-muenster.de!