120 Jahre Hotel Kaiserhof - Geschichten unserer Gäste
Der Kaiserhof hat eine bewegte Geschichte, als Hotel, als Gasthaus, als Tanz-Café, als Treffpunkt für Münsteraner und internationale Gäste. Lebendig wird die Geschichte durch die Menschen, die „ihre Geschichte“ mit dem Kaiserhof verbinden, sie im Hotel erlebt haben. Menschen, die hier arbeiteten, Menschen die hier seit langen Jahren als Stammgäste ein- und ausgehen und Menschen, die hier die Liebe ihres Lebens kennenlernten. Im Folgenden lassen wir Sie an der einen oder anderen Geschichte gern teilhaben.
Tanztee im Kaiserhof mit Folgen
Ermutigt durch unseren Aufruf in den Westfälischen Nachrichten, ihre Geschichte mit uns zu teilen und berührt von unserem Jubiläums-Artikel schrieb uns Ingrid Dahm, die heute in Telgte lebt, einen Brief:
„Im Winter 1962 oder 63, in Münster in der Von-der-Tinnen-Straße lebend, war ich zu Besuch in der Sozialpädagogischen Ausbildungsstätte in Münster. Ich hatte dort eine nette Clique und eine der jungen Damen machte den Vorschlag, am Samstag-Abend mal in den Kaiserhof zum Tanz zu gehen. Meine Einwände, ich sei nicht passend gekleidet, wurden überhört. Eine der 19- oder 20-jährigen gab mir eine rote Jacke und meinte, dass das genüge! Wir hatten natürlich wenig Geld, also wurde ein Flasche Wein mit 5 (fünf!) Gläsern bestellt. Der Kellner sah uns zwar etwas seltsam an, aber wir wollten ja nur tanzen.
Ja und was soll ich sagen? Einer meiner Tänzer war mein späterer Mann! Später hat er mich mal gefragt, warum ich die rote Jacke nicht mehr anziehe. Ich beichtete, dass die nur geliehen war. (Aber er wollte mich trotzdem heiraten!) Am 29. Juni 1963 haben wir uns verlobt und am 7. Februar 1964 geheiratet. Leider ist mein Mann 1998 verstorben. Lebte er jetzt noch, ich glaube, wir würden ein Wochenende bei Ihnen buchen!“
Der Kaiserhof für´s Leben
Heute bucht ein Ehepaar, dass sich ebenfalls hier im Hause kennengelernt und inzwischen in Pforzheim lebt, noch ein- bis zweimal im Jahr eine Woche im Kaiserhof: Familie Stamm – Stammgäste im wahrsten und schönsten Sinne des Wortes! Das junge Paar traf sich erstmalig im „Tunnel“, der einstigen In-Kneipe Münsters im Kaiserhof-Keller gelegen. In den Kriegsjahren wurde der Kaiserhof völlig zerstört, nur der „Tunnel“ und ein Teil der Küche blieben stehen. In dieser gutbürgerlichen Kneipe ging man nach wie vor ein und aus, genoss Münsterländer Bier, diskutierte im Zigarrenrauch bis in die frühen Morgenstunden oder tanzte bis in ebendiese. Stamms kehrten dort ab den 50er Jahren wieder ein und trafen sich erstmalig 1957 nach dem Karnevalsumzug in Münster.
Nach ihrem Wegzug aus Münster 1969 reisten Stamms immer wieder gern in ihre Lieblingsstadt, wohnten aber lange Jahre bei Verwandten, nicht im Hotel. Sie erlebten den Wandel des Kaiserhofs in den 70er und 80er Jahren aus der Ferne und nachdem die letzten Verwandten 1999 nicht mehr waren, suchten sie nun ein Hotel zur Übernachtung in Münster und hörten vom Kaiserhof, dass man „da nun wieder hingehen könne“. Der Kaiserhof wurde auserwählt und bald wieder ihr Lieblingshotel.
Sie lernten im Jahr 2000/2001 Peter Cremer kennen, der als Eigentümer den Kaiserhof mit seiner Frau Anne ab 1999 persönlich betrieb und sukzessive renovierte. Jedes Jahr zeigten Cremers Familie Stamm besondere Umbauten und Neuerungen im Hause. „Sie ließen uns in den Zimmern unterschiedlicher Themen Probewohnen – einmal sogar in der Kaisersuite! Unsere Hinweise und Optimierungswünsche aus Gästesicht nahmen sie immer gern entgegen. Unser Lob erfreute die beiden netten Leute stets.“
Noch heute reist das inzwischen betagte Ehepaar per Bahn an und geht die wenigen Schritte zu Fuß ins Hotel. Die Koffer werden vorher aufgegeben und ins Hotel gebracht, bis hinauf ins Zimmer. Das „Heimkommen“ ist den beiden jedes Mal eine große Freude. Als heutige Gastgeberin lernte ich die beiden nun kennen und lud sie ein zum Adventstee ins Kaminzimmer. Beim netten plaudern kam heraus, dass Stamms und wir Fennebergs gemeinsame Bekannte in Pforzheim haben: Die Brauer- und Hoteliersfamilie Scheidtweiler aus dem dortigen Parkhotel. So klein ist die Kaiserhof-Welt.
Ein ganz besonderer Sonntag im Kaiserhof
Eine andere schöne, persönliche Geschichte erreichte uns von Ilse:
„Meine Geschichte nahm im Kaiserhof ihren Anfang. Also – es war in den 60er Jahren. Ich war gerade von einem Auslandsjahr zurückgekehrt und war, nachdem ich keine Stelle als Auslands-Korrespondentin gefunden hatte, erst einmal Sachbearbeiterin in einem Holz-Import tätig. Es war an einem Samstag, als eine meiner beiden Freundinnen anrief und mir eröffnete, dass sie am morgigen Sonntag mit Anne zum Tanztee in den Kaiserhof gehen wollte und natürlich sollte ich mitkommen. Dieses Ansinnen war schon sehr ungewöhnlich, denn wir alle waren gerade erst in den Beruf gestartet und hatten nicht viele Möglichkeiten, den Sonntag abwechslungsreich zu gestalten. War das Wetter gut, dann gingen wir zu K-a-ü in der Nähe des Schiffahrter Damms zum Baden ohne Eintrittsgeld. Man bedenke: in den 60er Jahren arbeitete man noch 7 Tage pro Woche.
Wir waren jung, der Sommer war schön, aber wir waren alle schrecklich arm und mein Problem bestand darin, dass ich kein geeignetes Kleid für den Tanztee hatte. Dort ging man nämlich nicht in Freizeit-Garderobe hin, sondern dort im Kaiserhof war es elegant und man hatte sich entsprechend zu kleiden. Also gingen wir zu dritt zum Kaufhaus Kluxen am Prinzipalmarkt. Das Angebot war groß, aber die Preise!!!!!! Und es gab noch ein Problem, denn ich war 1,80m groß und sehr dünn. Irgendwann fanden wir schließlich ein bezahlbares, farbenfrohes Popeline-Kleid. Es war die Zeit, als der Mini-Rock noch nicht kreiert war! Das Kleid endete wohl 10 oder 12 cm oberhalb meiner Knie – zu kurz in einer Stadt wie Münster, wo der Bischof bei allen Fragen des Anstandes und der Moral noch ein Wörtchen mitzureden hatte. Aber der Saum des Kleides betrug 7 cm, damit konnte man das Kleid verlängern. Gesagt – getan. Wir gingen in die Wohnung meiner Eltern, dort konnten wir uns ungestört an die Arbeit machen, weil meine Eltern gerade eine Pilgerreise machten. Als der Saum ausgelassen war, machten wir eine böse Überraschung: Das Kleid war vorne durchgeknöpft und um einen sauberen Saumabschluss an den Enden zu haben, hatten die Hersteller die Ecken weggeschnitten. Es fehlten also vorne an jedem Ende ein Quadrat von 7 cm! Irgendwann kam eine von uns auf die Idee, die Ecken dann eben abzurunden. Das Kleid hatte jetzt zwar fast die richtige Länge – nur die Knopfleiste vorne hatte einen „ungewöhnlichen“ Abschluss und zeigte noch mehr Bein.
Der Sonntag kam, mit den wenigen Mitteln hatten wir uns „angehübscht“. Es wurde, glaube ich, kein Eintrittsgeld verlangt, man musste aber wenigstens ein Getränk für 5 Mark bestellen. Es gab ein Damengedeck, das war, wenn ich mich richtig erinnere, 1 Glas Sekt und ein Likörchen und ein Herrengedeck, das bestand aus 1 Flasche Cola mit Rum (?). Wir drei Hübschen saßen nun zum ersten Mal im Kaiserhof und waren gespannt, wer von uns als erstes zum Tanzen aufgefordert würde und… ob wir überhaupt alle einen Tänzer finden würden. Sitzen bleiben zu müssen, wenn alle tanzten, das war schon sehr kränkend und peinlich. Alle Sorgen waren schnell dahin, denn es gab genügend Tänzer und wir vergnügten uns einen Nachmittag lang unbeschwert. Der Tänzer, der mich ein paar Mal aufgefordert hatte, wurde mein Lebensgefährte. Dass er zum Tanztee in den Kaiserhof kam, war purer Zufall, denn eigentlich hatte er als armer Chemie-Student auch kein Geld für solche Vergnügen. Und – auch er war von einem Freund mitgenommen worden. So verdanken wir dem Tanztee im Kaiserhof unser über 50 Jahre währendes Eheglück.“
Engagement im Kaiserhof
Nicht nur die Gäste waren und wurden damals glücklich im Kaiserhof – auch diejenigen, die sich um das Wohl der Gäste kümmerten. Wie Prof. Dr. Rudolf Andreas Bräuker, der in den Jahren 1957/58 jeweils einen Monat lang unter Pächter Konrad Teerling mit seinem Konzert- und Tanzmusikensemble täglich im Café-Restaurant in Quintettbesetzung nachmittags zur Unterhaltung und abends zum Tanz musizierte: „Ich erinnerte mich stets gerne an die beiden Engagements im Hotel Kaiserhof mit seinem distinguierten Ambiente! Als bemerkenswert habe ich in Erinnerung, dass mich am ersten Tag beim Ausladen meiner Musikinstrumente vor dem Hotel der Chef des Hauses immerhin persönlich ansprach und mich als Kapellenleiter willkommen hieß; denn so etwas war ja nun in dieser Unternehmensklasse damals wirklich nicht selbstverständlich.“ Auf Nachfrage berichtete er, dass es damals in keiner Weise üblich war, dass die Mitglieder monatlich wechselnder, reisender Konzert- und Tanzmusik-Ensembles im Hotel übernachten durften, in dem sie engagiert waren - geschweige denn dort Essen. So reisten Bräukers Musiker täglich von Bochum nach Münster, um im feinen Kaiserhof aufzuspielen und die Gäste zu vergnügen.
Interessant am Rande: Über diese Tanztees und das besondere musikalische Können wurde in der Fachzeitschrift für Musiker „Der Artist“ berichtet, von dem uns Prof. Dr. Bräuker eine Kopie aus seinem Privatbesitz zukommen lassen hat: „Die im „Hotel Kaiserhof“ tätige Kapelle Rudolf Bräuker scheint eine jener verhältnismäßig wenigen zu sein, bei welchen alle Vorbedingungen einwandfreier musikalischer Zusammenarbeit, …, erfüllt sind“. Noch heute besitzt Professor Bräuker als einer der damaligen freien Redaktionsmitglieder die Original-Ausgaben von vor rund zwanzig Jahren.
Was Mitarbeiter und Gäste wohl in Zukunft über die Vergangenheit berichten?
Hausdame Rita Fellner, die 42 Jahre im Kaiserhof tätig war erinnerte sich bei einem früheren Treffen ehemaliger Kaiserhof-Mitarbeiter daran, wie im Krieg unter der Treppe Muckefuck gekocht wurde und Oberkellner Heinz Dahl war ab 1935 40 Jahre lang mit Leib und Seele für die Gäste im Kaiserhof im Einsatz, begleitete die Tanztees im Frack mit Fliege, servierte Herren- und Damengedecke und war stiller Zeuge manch einer Liäson, die im Kaiserhof sanft begann… ob er wohl Ingrid Dahm damals in die rote Jacke geholfen hat, als sie nach dem Tanztee nach Hause ging?
Wir alle im Team sind schon heute gespannt auf weitere Geschichten im und um den Kaiserhof, die uns immer wieder per Post, Mail oder persönlich erreichen. Und darauf, welche Geschichten wir zum 150. und 200. Geburtstag des Kaiserhofs hören werden!
Anja Fenneberg, Gastgeberin im Hotel Kaiserhof
Bilder aus dem Privatbesitz von Prof. Dr. Rudolf Andreas Bräuker
Seit 2014 führe ich gemeinsam mit meinem Mann das Hotel Kaiserhof, mit vorangegangenen Stationen im hochwertigen Veranstaltungsmanagement, im Marketing- und Werbebereich. Also viele lange Jahre Leidenschaft für Kommunikation, Events und Gastfreundschaft, große Liebe zu den Themen Reisen, Hotellerie, Essen & Trinken, gutes Gespür für Lifestyle & Trends. Das Thema Gesundheit und Wellness hat mein großes Augenmerk, ich beobachte, was sich in der Szene tut und schaue, was wir davon sinnvoll in unser Hotel – und in unser aller Leben - einbringen können. Hierzu verfasse ich dann und wann einen Gastbeitrag in unserem Blog oder fungiere als Co-Autorin. Kontakt: anjafenneberg@kaiserhof-muenster.de