Allergie & Restaurants: (un) verträglich?
Allergien bestimmen das Leben von ca. 30 Millionen Menschen in Deutschland. Dabei sind nicht nur die allergischen Reaktionen vielzählig, sondern auch die Auslöser. Menschen reagieren unter anderem auf Lebensmittel, Pollen, Tierhaare, Düfte und Insekten. Man schätzt, dass es ca. 20.000 verschiedene Auslöser gibt. Die Symptome haben eine Spanne von
- unangenehm, wie Blähungen und Durchfall,
- potentiell gefährlich, wie Schwellungen oder Atemnot,
- bis hin zu lebensgefährlich, wie bei einem anaphylaktischen Schock.
Treten Reaktionen auf Lebensmittel auf, unterscheiden Ärzte zwischen echten Allergien und verschiedenen Formen von Unverträglichkeiten, wie z.B.
- Zöliakie (Auslöser: Gluten)
- Laktose-Intoleranz (Auslöser: Milchzucker)
- Fruktose-Malabsorption (Auslöser: Fruchtzucker)
- Histamin-Intoleranz (Auslöser: Histamin)
- Zusatzstoff-Unverträglichkeiten (Auslöser: z.B. Farb- und Konservierungsstoffe)
Potenziell eine allergische Reaktion auslösenden Lebensmittel sind unter anderem
Eier | Erdnüsse | Milch | Sellerie |
Fisch | Schalenfrüchte | Soja | Senf |
Meeresfrüchte | Sesamsamen | Glutenhaltiges Getreide | Süßlupinen |
Zum Glück sind es „nur“ Lebensmittelallergien, die akut lebensbedrohliche Reaktionen auslösen, doch auch eine Unverträglichkeit kann das Leben des Betroffenen stark einschränken. Medikamente helfen nur bedingt. Das einzige wirksame Mittel ist die Vermeidung des Auslösers und Umstellung der Ernährung.
Als Allergiker ins Restaurant: So wird es ein schöner Besuch
Egal, ob im Urlaub, im Berufsleben oder in der Freizeit. Ein gelegentlicher Besuch im Restaurant gehört zum Leben dazu. Je nach Art der Gastronomie spricht man häufig vom „Erlebnis Restaurantbesuch“. Nun soll das im Gedächtnis bleibende „Erlebnis“ nicht der schwere Allergieschock sein, sondern das Essen, die Getränke und der Service, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. In der Theorie hört sich dies einfach an, in der Praxis stößt man in Restaurants als Gast mit speziellen Bedürfnissen aber nicht immer auf Verständnis.
Als jemand, der selber zu den Betroffenen gehört, aber gleichzeitig in der Gastronomie arbeitet, verstehe ich beide Seiten und möchte hiermit das Verständnis beider Parteien füreinander erweitern.
Der Restaurantbesuch aus Sicht des Gastes
Für den Gast ist es einfach: Er muss und kann zu Hause schöne Gerichte zaubern, die ihm keine Beschwerden bereiten, da wird es der Koch im Restaurant doch auch schaffen. Zugegeben, etwas überspitzt, aber tatsächlich ist dies oft der Prototyp Gast, dem Servicekräfte und Köche gegenüberstehen. Also wird dem Personal aufgezählt bei welchen Lebensmitteln Unverträglichkeiten und Allergien bestehen und jetzt soll der Koch bitte schön ad hoc was tolles Zaubern.
Allergenkennzeichnung
Bei verpackter Ware durch hervorheben, z.B. Fettdruck oder zusätzlichem Hinweis. Bei loser Ware müssen schriftliche Informationen vorliegen, die dem Gast entweder umgehend mit der Speisenkarte oder auf Nachfrage ausgehändigt wird.
Allergenfrei Kochen aus Sicht des Gastronomen
Ich kenne keinen Koch, für den es nicht selbstverständlich ist auf Gäste mit Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten zu reagieren. Doch spontan ist dies nicht uneingeschränkt möglich. Dafür gibt es einige Gründe.
In einer Restaurantküche werden bestimmte Bestandteile von Gerichten schon vorgekocht (z.B. Soßen oder mariniertes Fleisch wird stundenlang gegart), so dass beim Service am Mittag und Abend keine allzu langen Wartezeiten entstehen. Weiß der Koch zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sich unter seinen Gästen jemand mit besonderen Bedürfnissen befindet, kann er keine Rücksicht darauf nehmen. Nun ist es trotzdem in der Regel machbar, jemanden mit einer Unverträglichkeit spontan eine Alternative anzubieten. Bei Allergien sieht es ganz anders aus.
Herausforderung „Lebensmittelallergie“
Das bedeutet für die Küchenbridgade z.B.
- dass es klar deklarierte „allergenfeie Zonen“ geben muss
- Arbeitsflächen, Gefäße und Küchenutensilien nie mit allergieauslösenden Lebensmitteln in Kontakt kommen dürfen
- bereits geöffnete Packungen mit Zutaten zur Herstellung des Gerichtes in der Vergangenheit verunreinigt worden sein könnten und somit für die Herstellung eines allergenfreien Gerichtes nicht mehr zu verwenden sind
- Gerichte für einen Gast mit Lebensmittelallergien immer separat von anderen Gerichten gestellt und serviert werden müssen
Sie sehen, was man als Allergiker zu Hause vielleicht schon routiniert macht, ist in einer Restaurant- oder Großküche gar nicht so einfach und vor allem nicht spontan umsetzbar. So kann es sein, dass ein Gastronom im Einzelfall die Bedienung ablehnt, da er nicht zu 100% garantieren kann, dass keine allergieauslösende Zutat in der Speise enthalten ist oder er nicht ausschließen kann, dass es bei Herstellung einer Alternative zu einer unbeabsichtigte Verunreinigung der Mahlzeit kommt. Diese Entscheidung wird nie leichtfertig, sondern verantwortungsvoll im Sinne der Gesundheit des Gastes gefällt.
Wie kann das Erlebnis Restaurantbesuch verbessert werden?
Egal, ob Lebensmittelunverträglichkeit oder Allergie, auch ein Gast mit speziellen Bedürfnissen hat das Recht auf einen entspannten Restaurantbesuch. Mit ein bisschen gegenseitigem Verständnis ist dies kein Problem.
Gast | Service & Koch |
---|---|
Der Gast sollte das Restaurant schon einige Zeit (mindestens einige Tage) vor dem geplanten Besuch kontaktieren und ausführlich über seine Bedürfnisse informieren. | Sowohl dem Servicepersonal als auch der Küchenbrigade muss bewusst sein, dass ein Gast, der über eine Allergie oder Intoleranz informiert dies tut, um sich vor gesundheitlichem Schaden zu schützen. |
Der Gast sollte offen für Alternativvorschläge sein und mit dem Koch ein Gericht oder Menü auswählen. | Küche und Service sollen sich zu 100% sicher sein, dass sie die Anforderungen umsetzen können, da selbst ein kleines Fehlverhalten für den Gast schwerwiegende Folgen haben kann. Dies gilt sowohl für die Speisen, als auch die Getränke. |
Bei einem spontanen Besuch im Restaurant sollte der Gast Verständnis dafür zeigen, dass bei Restaurants die frische, saisonale und aufwändige Speisen servieren, nicht ad hoc alles vorhanden ist. | Vor allem die Küche muss die Bestandteile der verwendeten Zutaten genau kennen, um professionell reagieren zu können. |
Gastronomen sollten darauf achten, dass die Hauptallergene im Namen des Gerichtes in der Speisekarte genannt werden. Dies hilft Gästen schnell ungeeignete Angebote zu erkennen. |
Das Ziel von beiden Parteien sollte eine partnerschaftliche Zusammenarbeiten sein. Durch Offenlegung von Ursachen und Auswirkungen können gemeinsam allergische Reaktionen vermieden werden.
Reisen mit Allergien
- Bietet das Hotel allergikergeeignete Zimmer?
- Bietet das Hotel Lebensmittel für Gäste mit Intoleranzen bzw. Allergien?
- Werden spezielle Geräte, z.B. Staubsauger oder Klimaanlagen eingesetzt, die Allergieauslöser entfernen?
- Wie verhält es sich mit dem Pollenflug zu den verschiedenen Jahreszeiten?
Hotelzimmer für Allergiker
Beschäftigen wir uns kurz mit dem Thema Allergiker-geeignetes Zimmer. Wussten Sie, wie ein Allergikerzimmer aussieht? In der Mai-Ausgabe von BizTravel wurden einige Kriterien aufgelistet:
- tapetenfreie Wände aus Naturfarben
- Holz- oder Parkettboden
- Matratze, Decke und Kissen mit Milben- und allergendichten Bezügen
- Luftreiniger oder Massivholz-Buchenmöbel
- Fußbodenheizung
- Nichtraucherzimmer
- Reinigung durch parfümfreie Reinigungsmittel
- Klimaaanlage mit Pollenfilter
- Haustiere dürfen im Hotel nicht erlaubt sein
Stellen Sie sich vor, Sie müssten als dies beachten, bevor Sie einen Reise buchen oder die nächste Geschäftsreise antreten! Und dann bedenken Sie noch, wie gering die Auswahl ist, denn im Vergleich zur Gesamtanzahl an Unterkünften in Deutschland können nur sehr wenige so umfassend ausgestattete Zimmer bieten. Das ist wie die Suche der Nadel im Heuhaufen!
Betroffene sind auf Hilfe und Hilfestellungen angewiesen. Diese bietet z.B. der Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB) oder das ECARF-Qualitätssiegel, welches Unterkünfte auszeichnet, die sich „in unkomplizierter Weise auf die Bedürfnisse von Allergikern“ einstellen. Zudem gibt es hier viele Tipps und Links zu anderen Webseiten.
Was Sie als Reisender mit besonderen Bedürfnissen beachten sollten
Eine weitere gute Informationsquelle ist die Website www.mein-allergie-portal.com von Sabine und Harald Jossé, die als Betroffene anderen Betroffenen Hilfestellung & Tipps geben.
Des Weiteren ist es wichtig offen mit den Hoteliers und Gastronomen zu reden. Sprechen Sie Ihre Bedürfnisse detailliert an und klären Sie im Vorfeld ab, ob alles umsetzbar ist.
Allergie, Restaurants & Reisen: Ja, das geht!
Liebe Leserin, lieber Leser, wir hoffen wir konnten mit unseren Ausführungen das Handeln der Mitarbeiter und Köche verständlich machen. Sprechen Sie uns bitte an, wenn Sie besondere Bedürfnisse haben. Wir werden unser Bestes geben diesen Bedürfnissen gerecht zu werden und Ihnen sowohl in unserem Hotel als auch unserem Restaurant und Wellnessbereich einen schönen Aufenthalt zu ermöglichen.
Herzliche Grüße aus dem Hotel Kaiserhof
Ihre Julia Wieduwilt
Link-Empfehlung
Wir haben gerade noch zwei interssante Informationen zum Thema entdeckt. Ein Blick auf folgende Seiten lohnt sich:
- Artikel auf welt.de vom 24.06.2017 "Wie Allergien und Sonderwünsche Spitzenköche zermürben" von Stefanie Hiekmann
- Allergiewörterbuch des ÖAMTC: 100 Lebensmittel, 10 Sprachen, 1 kostenloser Download
Bildquellen
- Was kann man eigentlich noch essen? / Vektor © snyGGG – fotolia.com
- iconos de alergenos mas importantes © benjamingrafico – fotolia.com
- Allergy food © airborne77 – fotolia.com
- The plane © Kovalenko I – fotolia.com
- Cartoon character showing the most common food allergy signs and symptoms. Eczema, abdominal pain, dizziness, vomiting and diarrhea. Vector illustration. © insemar – fotolia.com
Seit 2002 ist die Tourismusbranche meine berufliche Heimat. Die ersten fünf Jahre habe ich als Reiseverkehrskauffrau gearbeitet, 2007 bin ich in die Hotellerie gewechselt, die ich Ende 2019 verlassen habe. Meine Leidenschaft ist es neue Länder, aber auch die eigene Heimat zu entdecken sowie aktuelle Trends und Themen aus der Branche aufzuspüren und andere davon zu begeistern. Mit meinen Blog-Artikeln möchte ich Sie inspirieren, zeigen wie vielseitig die Hotelbranche und das Münsterland sind und Sie dazu animieren, hin und wieder mal über den Tellerrand zu schauen.
Über Lob & Kritik oder Anregungen für neue Themen, über die Sie lesen möchten, freuen wir uns sehr. Schreiben Sie uns eine Mail an verkauf@kaiserhof-muenster.de!