Karriere à la Kaiserhof – von der Auszubildenden zur stellvertretenden Direktorin

Interview mit Elisabeth Bock, stellv. Direktorin im Hotel Kaiserhof, zum 25-jährigem Jubiläum
„Das ist nicht mein Bereich" – diesen Ausspruch wird Elisabeth Bock wohl nie in den Mund nehmen. Als gelernte Hotelkauffrau sei sie selbst zwar nicht die Servicequeen, aber wenn ein Gast nachts Hunger habe, koche sie ihm halt etwas. Frau Bock ist, was man in der Hotellerie "sehr stark am Gast" nennt. Sie packt überall mit an und ist der klassische Fels in der Brandung, wenn es mal stressig wird. Im Hotel Kaiserhof kennt sie jeden Mitarbeiter und weiß wie kaum ein anderer, wo sich Leitungen und Schalter befinden. 25 Jahre Erfahrung eben.
Frau Bock, Sie sind in diesem Jahr 25 Jahre im Kaiserhof. Wie fühlt sich das an?
Man merkt, wie die Zeit vergeht, weil alle um einen herum immer jünger werden. Unsere aktuellen Azubis könnten meine Kinder sein. Nur die Wagenmeister sind noch älter als ich. In der Hotellerie ist es schon sehr außergewöhnlich, so lange in einem Haus zu arbeiten. Unsere Branche ist ja für den Wechsel bekannt. Da sind schon zehn Jahre in einem Haus eine Seltenheit.
Warum sind Sie so lange geblieben?
Um ehrlich zu sein, ist die Zeit seit meiner Ausbildung im Hause wahnsinnig schnell vergangen. Bei all den Veränderungen und Umbauten im Kaiserhof, habe ich ja quasi zwischendurch immer wieder den Arbeitsplatz gewechselt. Wir haben in den Jahren viel investiert und neu geschaffen – mit Handwerkern kann ich mittlerweile ebenso gut wie mit Gästen. Das Kernstück Hotel ist geblieben, aber Bereiche wie Catering, Beauty & Spa oder das in Münster aktuell einzige Sternerestaurant Gourmet 1895 sowie das Gabriel's sind über die Jahre hinzugekommen.
Von der Auszubildenden zur stellvertretenden Direktorin. Wäre der nächste Schritt auf Ihrer Karriereleiter nicht folgerichtig Direktorin?
Ich habe die Stelle gefunden, an der ich gerne bis zum Renteneintritt bleiben möchte. Ich bin eher die Frau im Hintergrund. Das Gesicht des Kaiserhofs ist Familie Fenneberg. Ich kümmere mich als Zahlenmensch gerne um alles von den Abrechnungen bis zu den Verträgen und übernehme das Controlling. Personal und Ausbildung sind ebenfalls meine Leidenschaften. Ich bin deshalb als stellvertretende Direktorin genau da, wo ich sein möchte.
Im Kaiserhof sind Sie u. a. auch für die Personalgewinnung zuständig. Was sind Themen, die Sie in dem Bereich beschäftigen?
Der Umgang mit den potenziellen Mitarbeitern hat sich geändert. Früher gab es genug Mitarbeiter, heute muss viel mit Motivation gearbeitet werden, um sich als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Freizeit wird heutzutage vor allem bei jungen Menschen als sehr wichtig angesehen. Es ist insgesamt nicht leicht, gute Auszubildende zu finden – vor allem nicht für die Küche.
Dabei hat die Ausbildung im Kaiserhof einen sehr guten Ruf. Unsere Azubis schließen ihre Ausbildung in der Regel überdurchschnittlich gut ab und sind regelmäßig unter den besten ihres Jahrgangs. 2013 haben wir beispielsweise die beste Hotelfach-Azubine in Deutschland gestellt und 2016 hat unser Koch-Azubi den besten Abschluss aller Koch-Azubis in Münster gemacht. Es macht schon stolz, wenn die ehemaligen Azubis heute weltweit erfolgreich sind.
Wie sind Sie damals zu Ihrem Ausbildungsplatz im Hotel gekommen?
Ich habe damals während meines Abiturs gekellnert und erste Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt. Für die Ausbildung zur Hotelkauffrau habe ich dann nur eine Bewerbung geschrieben und wurde direkt genommen. Das war ein Glück, denn die Lehrstellen waren knapp. Ich habe mich aus Überzeugung für die Ausbildung zur Hotelkauffrau beworben, weil mir die Verbindung zwischen dem Kaufmännischen und dem Kontakt zu Menschen gefallen hat. 1986 bin ich mit 19 in den Beruf gestartet und habe es nie bereut.
Was unterscheidet die Ausbildung damals und heute?
Wir haben damals gefühlt mehr, aber auch viel selbstständiger gearbeitet. In Dortmund habe ich damals die WIHOGA besucht – die bekannte Wirtschaftsschule für Hotellerie, Gastronomie, Handel und Dienstleistungen. Heute stirbt der Beruf Hotelkaufmann/-frau langsam aus. Stattdessen gibt es das duale Studium für verschiedene touristische Bereiche, wie z.B. Hotelmanagement. Die Ausbildung in der Hotellerie ist sehr umfangreich geworden und bietet wirklich spannende Möglichkeiten. Ob in der Hotelfach- oder Restaurantfachausbildung, in der Ausbildung zum Koch oder für Veranstaltungskaufleute – es stehen heute so viele Zusatzqualifikationen zur Auswahl. Unsere Branche hat nicht umsonst den Ruf, die spannendste Branche der Welt zu sein.
Wie sieht heute ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Ich bin ein eher früher Vogel und starte meist zwischen 6.30 Uhr und 7 Uhr in den Arbeitstag. Nach einer kurzen Rückschau am Morgen, reagiere ich im Tagesgeschäft manchmal auf über einhundert ungeplante Dinge – den einen typischen Arbeitstag gibt es daher bei mir schon ab 7:30 Uhr nicht mehr. Jeder Tag ist neu und spannend.
Was raten Sie jungen Menschen, die sich für eine Ausbildung in der Hotellerie interessieren?
Es ist wichtig, sich zunächst auszuprobieren. In einem Praktikum oder einem Nebenjob. Junge Menschen müssen erleben, wie es ist, zu dienen und zu leisten. Denn das macht die Hotellerie aus. Man liebt es oder man hasst es. Das sollte man jedoch nicht erst während der Ausbildung herausfinden. In Vorstellungsgesprächen sage ich immer zu allen angehenden Hofas (Hotelfachangestellten): 'Wenn Sie bei uns anfangen, werden Sie in die Kaiserhof-Familie aufgenommen und dürfen mit uns Weihnachten und Silvester verbringen.'
Was ist das Besondere am Kaiserhof?
Hier zählt noch der Mensch. Das gilt sowohl für das Personal wie auch für den einzelnen Gast. Auf Augenhöhe und mit Respekt wird hier miteinander umgegangen. Das macht ein Privathotel wie unseres aus: wie in einer Familie kennt jeder jeden, es gibt kurze Wege und jeder fasst überall mit an. Beeindruckend ist auch die Entwicklung, die das Haus insgesamt mitgemacht hat. Vom Hotel Garni mit 16 Mitarbeitern zum Vier-Sterne-Superior-Hotel mit heute 80 Mitarbeitern. Die Stimmung im Haus ist wirklich gut und authentisch. Das bekommen wir auch immer wieder von Gästen als Rückmeldung.
Und Sie selbst haben nie überlegt zu gehen?
Doch, ich bin sogar kurz weggewesen. Mich hat es nach Frankfurt in die Reservierungsabteilung eines großen Hotels und danach in eine Spedition verschlagen. Aber die Abwechslung der Hotellerie hat mir sehr gefehlt. 1992 bin ich dann zurück in den Kaiserhof und seitdem ohne weitere Unterbrechung geblieben. 25 Jahre! Im Jahr 1997 ging es dem Haus nicht gut. Da habe ich tatsächlich erneut überlegt, ob ich gehen soll, bevor es zu spät ist, habe es aber nicht getan. Und heute bin ich so froh darüber.
Wie war es damals, aus Frankfurt nach Münster zurückzukehren?
Sehr schön! Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Im Kaiserhof wurde aber immer im Guten auseinander gegangen und im Guten wurde wiedergekommen. Das ist noch heute so. Wir haben viele Mitarbeiter, die einige Zeit in anderen Häusern arbeiten und dann zurückkehren. Das ist ganz normal. In der heutigen Zeit der Internationalisierung ist der stetige Wandel an der Tagesordnung. Es passiert so viel, die Mitarbeiter müssen extrem flexibel und offen für Neues sein. Sich immer wieder neu anpassen und weiterentwickeln, lautet die Devise. Nach meinem Frankfurt-Ausflug konnte ich immerhin fließend Englisch.
Welche Anekdote erzählen Sie gerne aus Ihren Anfängen?
Eines Tages fuhr ein voll besetzter Bus vor und die Gäste wollten einchecken. Wir waren jedoch komplett ausgebucht. Das war im ersten Moment vielleicht ein Schrecken. Als die Gäste im Gespräch ihren geplanten Besuch im Deutschen Panzermuseum erwähnten, stellte sich zum Glück heraus, dass sie gar nicht in Münster, sondern in einem tatsächlich existierenden Kaiserhof in Munster reserviert hatten. Solche Anekdoten gibt es unzählige.
Welche Meilensteine haben Sie in Ihrer Hotelkarriere nachhaltig erlebt?
Da gab es so einige. Ich erinnere mich noch daran, wie wir 1986 zum ersten Mal per Telex eine Reservierung aus England erhalten haben. Als eines der ersten Häuser in Münster hatten wir 1987 ein Faxgerät. Die Online-Buchungsportale haben uns die Welt geöffnet. Plötzlich konnte sich der Gast selbst bei uns einbuchen. Zunächst unvorstellbar. Ich weiß auch noch, welche Angst wir vor öffentlichen Bewertungen hatten. Heute lassen wir uns gerne bewerten und rufen unsere Gäste sogar aktiv dazu auf. So ändern sich die Zeiten. Aber zurückdrehen möchte ich sie nicht mehr.
Wie haben sich die Gäste im Laufe der Jahre verändert?
Die Zeiten sind schnelllebiger geworden. Das Anspruchsdenken der Gäste steigt immer mehr an. Das Menschliche steht beim Gast nicht mehr ganz so im Vordergrund. Das ist für uns eine Herausforderung, die wir persönlichen Service und Ambiente leben. Woanders ist der Gast noch König – bei uns ist er schon längst Kaiser.
Sie haben sicher auch schon viele Prominente als Gast erlebt. Wer war Ihr persönliches Highlight?
Die verstorbene Schauspielerin Ruth Leuwerik. Eine beeindruckende Frau, die lange zu unseren Stammgästen zählte, weil sie ihre in Münster lebende Mutter besucht hat. Sie hat mir einmal erzählt, dass der Kaiserhof ihr Lieblingshotel gewesen sei.
In Münsters Hotellerie rund um den Bahnhof tut sich einiges. Wie erleben Sie die Entwicklung?
Grundsätzlich beleben Mitbewerber erst einmal das Geschäft, deshalb sehe ich dem Ganzen entspannt entgegen. Wir werden weiterhin unseren Job sehr gut machen und unsere Leistung in gewohnter Qualität erbringen. Wichtig ist, dass auch die Stadt Münster mitzieht und dafür sorgt, dass Münster bei Hotelgästen gefragt bleibt. Der neue Bahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft ist jetzt fertig, aber ich denke da vor allem auch an den Flughafen Münster / Osnabrück, der sicher noch Potenzial hat. Auch weitere Kongresse, Messen, Ausstellungen sollten nach Münster geholt werden. Wenn Münster attraktiv bleibt und viel bietet, dann können auch die zahlreichen (neuen) Hotels ihrer Aufgabenstellung gerecht werden. Der Kaiserhof ist dafür sehr gut aufgestellt.
In welchem Hotel auf der Welt würden Sie selbst gerne einmal zu Gast sein und warum?
Eigentlich schlafe ich nicht in anderen Hotels, weil ich dann nicht abschalten kann und ständig überall nach dem Rechten sehen muss. Berufskrankheit. Mein Mann und ich haben ein Wohnmobil, indem wir unser Bett immer dabei haben. Ich würde auch gar nicht weit fliegen wollen, sondern – wenn ich müsste – in der Traube Tonbach mitten im Schwarzwald gastieren. Mich würde vor allem interessieren, welche Ideen in dem Traditionshaus im Bereich Personalrekrutierung und Employer Branding umgesetzt werden.
Stimmt es, dass Sie kein einziges Hobby haben?
Das stimmt so nicht, denn meine Familie und der Kaiserhof sind mein Hobby. Ich gehe mit meinem Hund spazieren und fahre gerne Fahrrad am wunderschönen Emsauenweg. Übrigens mein Geheimtipp für unsere Hotelgäste.
Was wünschen Sie sich für den Kaiserhof?
Ich wünsche mir, dass der Kaiserhof noch sehr lange besteht und dabei menschlich bleibt. Dafür tue ich alles. Wir werden sicher weiter investieren, um als Haus gut leben zu können. Von unseren Gästen wünsche ich mir, dass Sie sich bewusst Zeit nehmen und sich diese gönnen. Als Hotel verkaufen wir Zeit. Und bekanntlich gibt es Zeit nicht zurück.
Interview geführt von Martina Cwojdzinski, Metamerie PR
